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War´s gestern oda heit Märchen, Sagen und Legenden

„War´s gestern oda heit“, "Es war einmal" und "Wenn sie nicht gestorben sind, dann Leben sie noch heute"  … So beginnen schon seit vielen 100 Jahren Märchen, Sagen und Legenden. Im Jahre 2010 wurde das Märchenerzählen von der Unesco zum immateriellen Weltkulturerbe erhoben und das aus gutem Grund.

Meine Lieblingssage Die steinernen Brotlaibe

Wer in der Kirche zu Leogang auf den Turm klettert, findet in halber Höhe auf einer Truhe zwei seltsam geformte fast runde Steine. Ein ähnlicher Stein hängt am Perpendikel der großen altertümlichen Uhr. „Die schauen ja fast aus wie Brotlaibe“, meinte kürzlich mein Begleiter scherzhaft zum jungen Kooperator, der uns auf den Turm führte. „Es sind tatsächlich steinerne Brotlaibe, so heißt es wenigstens in einer Sage, die bei uns häufig erzählt wird“, begann der junge Geistliche.

Vor vielen, vielen Jahren, da besaßen zwei Leoganger Bergbäuerinnen nur einen Backtrog und einen Backofen, den sie abwechselnd benützten. Um Holz und Arbeit zu sparen, backten sie jeweils an zwei aufeinanderfolgenden Tagen, meist nur 3 bis 4 Mal im Jahr. Wieder war Backzeit. Als die erste der beiden Frauen die Laibe geschickt in den Ofen schob, schaute ihr unverwandt ein kleines Männlein zu. Als die Frau nach einiger Zeit die gebackenen Wecken und Laibe aus dem Backofen holte, saß das seltsame Männlein immer noch da. Es guckte nun mit verlangenden Augen zu den Brotlaiben, die so köstlich dufteten. Schließlich fasste er sich ein Herz und bat die Bäuerin um ein Stück Brot. Die Frau aber war geizig und sie hatte stets wenig Mitleid mit den Armen. So hatte sie auch diesmal nur ein Scheltwort für das hungrige Männlein übrig. Ohne ein weiteres Wort zu sagen verschwand das Männchen. Wenn die Frau aber in den zornigen Augen des seltsamen Gastes lesen hätte können, so wäre ihr wohl anders zumute gewesen.

Am nächsten Tag backte nun die Nachbarin, eine rundliche gutmütige Frau, die keiner Fliege jemals etwas zuleide getan hatte. Wieder saß das Männlein kaum einen Steinwurf weit von der Backstube entfernt auf einer Torsäule und schaute interessiert zu, wie die Bauersfrau flink am Werke war. Kaum hatte die Frau aber das Brot aus dem Ofen geholt, da bat das Männlein wieder um eine kleine Gabe, da er so hungrig sei. Sofort schnitt ihm die Bäuerin ein großes Stück ab und reichte es ihm. Nun konnte der Kleine essen, solange er Lust und Hunger hatte. Als die Frau sah, wie gut es dem Männchen schmeckte, gab sie ihm noch einen großen Laib mit den Worten: „Segn’s God!“ Nach einigen Tagen wanderte die Frau zum großen Holzschlag, Stunden oberhalb des Hofes. Sie wollte Heidelbeeren pflücken; denn „Moosbånudln“ und Moosbåmuas“ aßen alle am Hofe für ihr Leben gern. Unermüdlich stieg sie zwischen den Heidelbeersträuchern hin und her; kreuz und quer durch den Bergwald; grabenauf und grabenab!

Als sie nach vielen Stunden noch zu keinem Weg kam, musste sie erschreckt feststellen, dass sie sich wohl verirrt hatte. Auch der Hunger begann die arme müde Frau bereits zu plagen. Plötzlich sah sie aus einer schmalen Schlucht Rauch aufsteigen. Da die Bäuerin, wie die meisten Frauen, etwas ängstlich war, schlich sie vorsichtig hin, jederzeit bereit davonzulaufen. Was sah sie da? Am Grunde der Schlucht stand ein niedliches Häuschen, daneben rauchte ein Backofen. Verwundert betrachtete sie mehrere winzige Männlein, die gerade beim Brotbacken waren. Die einen kneteten den Teig, die anderen formten Laibe und schossen sie geschickt in den Backofen. Andere wieder schleppten emsig pechige Knüttel und Reisig herbei und schürten damit das Feuer. Eine Weile schaute die Bauersfrau zu, da entdeckte sie auf einmal das seltsame Männlein, das vor wenigen Tagen bei ihr gebettelt hatte. Nun wagte sie sich hervor und sie bat das verdutzte Männlein um ein Stück Brot. „Warte ein Weilchen, es ist noch nicht fertig“, war die Antwort des Männleins. Da die Frau auch recht müde war, beschloss sie sich erst richtig auszuruhen. Kaum hatte sie sich auf dem weichen Waldmoos ausgestreckt, war sie auch schon eingeschlafen. Als sie wieder erwachte, war auch das Brot der Männlein fertig. Sie bedankte sich für die Gabe und begann sofort zu essen. Mehr als die Hälfte verspeiste sie und den Rest verpackte sie in ihrer Tasche und machte sich auf den Heimweg.

Wie staunte sie aber, als sie zu Hause das Brot auspackte, es war wieder ganz geworden. So oft sie nun von diesem wunderbaren Laib ein Stück abschnitt, er nahm kein Ende, denn wenn sie den Rest des Laibes in den Brotschrank legte, wurde er wieder ganz. Noch größer aber wurde die Freude, als sie merkte, dass das Brot stets gleich frisch blieb, auch der Geschmack blieb vorzüglich. Nun hatten sie Brot so oft und so viel sie wollten. Die geizige Bäuerin beneidete natürlich ihre Nachbarin und nur mit Unwillen machte sie sich an die Arbeit, als das Brot am Hofe wieder zu Ende gehen wollte. Wie erschrak sie aber, als sie nach dem Backen das Brot herausnahm, alle waren hart wie Stein. Als sie am nächsten Tag das Backen wiederholte, war es dasselbe, steinerne Brotlaibe kollerten mit lautem Gepolter auf das Pflaster vor dem Backofen. Nun musste die hartherzige Bäuerin selbst zur Nachbarin um Brot betteln gehen. Da diese auch nur jeweils einen Laib zur Verfügung hatte, gab sie ihr jeden Tag einen halben Laib. Viele Jahre blieb dieser Segen erhalten.

Eines Tages musste die Bäuerin auf einige Tage verreisen. Ihre Schwester war erkrankt und bedurfte dringend ihre Hilfe. Die junge Magd aber schnitt, ohne zu ahnen, was sie anrichtete, zur Jausenzeit Stück für Stück herunter, bis der Laib ganz aufgeschnitten war. Als das letzte Stückchen verzehrt war, erneuerte sich das Brot nicht mehr. Der Segen war für ein und allemal zu Ende. Die steinernen Brotlaibe aber bewahrte der Pfarrer des Ortes in der Kirche auf, als Mahnung für alle, die nicht Gottes Gebot achten: „Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst.

Aus dem Buch die Leoganger Sagen von Leonhard Höck sen. 

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